Rundgang 5, Station 4: Unterschied zwischen den Versionen
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Im rechten Eckhaus, Mittelgasse 39, wurde am 21. Juli 1816 ein Junge geboren, der einmal zum Gründer eines weltumspannenden Unternehmens werden sollte. Sein Vater war der Händler und Rabbiner Samuel Levi Josephat, der ursprünglich aus Witzenhausen stammte und bereits 1829 starb. Jener Junge, der drittgeborene Sohn Israel Beer Josephat, absolvierte bei Verwandten zunächst eine Kaufmannslehre in Kassel, dann eine Banklehre in Göttingen. 1840 zog er nach Berlin, trat 1844 zum christlichen Glauben über und änderte seinen Namen: Paul Julius Reuter. Im Jahr darauf heiratete er eine Berliner Bankierstochter und kaufte sich nun in ein Berliner Verlagshaus ein. Nach Zwischenstationen als Nachrichtenübersetzer und -vermittler in Paris (1848/49) und als Gründer eines Telegraphenbüros in Aachen (1849/50) zog er 1851 nach London; mit Hilfe eines europaweiten Korrespondenten-Netzes verbreitete er dort Börsenmeldungen, dann auch politische und kulturelle Kurznachrichten und wurde in der englischen Hauptstadt bald zum Monopolisten ausländischer Nachrichten. Eigene Telegraphen-Leitungen trugen zum Erfolg des weltweit agierenden Nachrichtenimperiums Reuters bei. 1899 starb er als Paul Julius von Reuter, nachdem ihn der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha 1871 zum Freiherrn erhoben hatte. | Im rechten Eckhaus, Mittelgasse 39, wurde am 21. Juli 1816 ein Junge geboren, der einmal zum Gründer eines weltumspannenden Unternehmens werden sollte. Sein Vater war der Händler und Rabbiner Samuel Levi Josephat, der ursprünglich aus Witzenhausen stammte und bereits 1829 starb. Jener Junge, der drittgeborene Sohn Israel Beer Josephat, absolvierte bei Verwandten zunächst eine Kaufmannslehre in Kassel, dann eine Banklehre in Göttingen. 1840 zog er nach Berlin, trat 1844 zum christlichen Glauben über und änderte seinen Namen: Paul Julius Reuter. Im Jahr darauf heiratete er eine Berliner Bankierstochter und kaufte sich nun in ein Berliner Verlagshaus ein. Nach Zwischenstationen als Nachrichtenübersetzer und -vermittler in Paris (1848/49) und als Gründer eines Telegraphenbüros in Aachen (1849/50) zog er 1851 nach London; mit Hilfe eines europaweiten Korrespondenten-Netzes verbreitete er dort Börsenmeldungen, dann auch politische und kulturelle Kurznachrichten und wurde in der englischen Hauptstadt bald zum Monopolisten ausländischer Nachrichten. Eigene Telegraphen-Leitungen trugen zum Erfolg des weltweit agierenden Nachrichtenimperiums Reuters bei. 1899 starb er als Paul Julius von Reuter, nachdem ihn der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha 1871 zum Freiherrn erhoben hatte. | ||
Die Mittelgasse gehörte mit über 10m Breite zu den drei großen Längsstraßen der Freiheit, blieb jedoch in ihrer Bedeutung hinter Oberster Gasse und Graben zurück. Das Reutersche Geburtshaus – ein verputzter Fachwerkbau des späten 18. Jh. – wurde durch einen Bombenangriff in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1942 zerstört, bei dem auch der Dachstuhl der Martinskirche abbrannte. Die übrige Bebauung ging beim Großangriff 1943 unter. Der Abschnitt der Mittelgasse zwischen Martinsplatz und heutigem Entenanger ist in Verlauf und Breite fast unverändert geblieben. | Die Mittelgasse gehörte mit über 10m Breite zu den drei großen Längsstraßen der Freiheit, blieb jedoch in ihrer Bedeutung hinter Oberster Gasse und Graben zurück. Das Reutersche Geburtshaus – ein verputzter Fachwerkbau des späten 18. Jh. – wurde durch einen Bombenangriff in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1942 zerstört, bei dem auch der Dachstuhl der Martinskirche abbrannte. Die übrige Bebauung ging beim Großangriff 1943 unter. Der Abschnitt der Mittelgasse zwischen Martinsplatz und heutigem Entenanger ist in Verlauf und Breite fast unverändert geblieben. | ||
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+ | [[Kategorie: Stadt Kassel/Straße]] |
Version vom 2. August 2012, 17:40 Uhr
Station 4: Mittelgasse
Im rechten Eckhaus, Mittelgasse 39, wurde am 21. Juli 1816 ein Junge geboren, der einmal zum Gründer eines weltumspannenden Unternehmens werden sollte. Sein Vater war der Händler und Rabbiner Samuel Levi Josephat, der ursprünglich aus Witzenhausen stammte und bereits 1829 starb. Jener Junge, der drittgeborene Sohn Israel Beer Josephat, absolvierte bei Verwandten zunächst eine Kaufmannslehre in Kassel, dann eine Banklehre in Göttingen. 1840 zog er nach Berlin, trat 1844 zum christlichen Glauben über und änderte seinen Namen: Paul Julius Reuter. Im Jahr darauf heiratete er eine Berliner Bankierstochter und kaufte sich nun in ein Berliner Verlagshaus ein. Nach Zwischenstationen als Nachrichtenübersetzer und -vermittler in Paris (1848/49) und als Gründer eines Telegraphenbüros in Aachen (1849/50) zog er 1851 nach London; mit Hilfe eines europaweiten Korrespondenten-Netzes verbreitete er dort Börsenmeldungen, dann auch politische und kulturelle Kurznachrichten und wurde in der englischen Hauptstadt bald zum Monopolisten ausländischer Nachrichten. Eigene Telegraphen-Leitungen trugen zum Erfolg des weltweit agierenden Nachrichtenimperiums Reuters bei. 1899 starb er als Paul Julius von Reuter, nachdem ihn der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha 1871 zum Freiherrn erhoben hatte. Die Mittelgasse gehörte mit über 10m Breite zu den drei großen Längsstraßen der Freiheit, blieb jedoch in ihrer Bedeutung hinter Oberster Gasse und Graben zurück. Das Reutersche Geburtshaus – ein verputzter Fachwerkbau des späten 18. Jh. – wurde durch einen Bombenangriff in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1942 zerstört, bei dem auch der Dachstuhl der Martinskirche abbrannte. Die übrige Bebauung ging beim Großangriff 1943 unter. Der Abschnitt der Mittelgasse zwischen Martinsplatz und heutigem Entenanger ist in Verlauf und Breite fast unverändert geblieben.