Rundgang 5, Station 3
Station 3: Das Säulenportal am Martinsplatz
Bedeutende Wissenschaftler gingen im 19. Jh. durch das Säulenportal am Martinsplatz: die Chemiker Wöhler und Bunsen, der Naturforscher Philippi, außerdem die Architekten Ungewitter und Schäfer. Auf den Podesten des gewölbten Treppenhauses führten Bunsens Schüler chemische Experimente durch; und während der napoleonischen Fremdherrschaft waren hessische Widerstandskämpfer über die Stufen zu ihrer Gerichtsverhandlung hinaufgeführt worden. Bauherr des Hauses war um 1600 der landgräfliche Pfennigmeister Conrad Heinrich Henkel. 1666 erwarb es der Rentkammerpräsident Johann Caspar von Dörnberg, und dessen gleichnamiger Enkel (1689-1734) scheint um 1711 einen durchgreifenden Umbau veranlasst zu haben; diesem entstammen fast alle Fensteröffnungen, das Portal und das Treppenhaus. 1767 erwarb der Staat das Anwesen, zu dem noch drei vermietete Hinterhäuser gehörten; fortan diente es als Gouvernement, also als Sitz des Kasseler Stadtkommandanten. 1832 wurde hier die Höhere Gewerbeschule eröffnet, mit naturwissenschaftlichen und technischen Fächern, Handelskunde, Buchhaltung, Sprachen, Zeichnen und Drehkunst sowie Bauwesen/Architektur. Die Anstalt litt allerdings schon frühzeitig unter Raumnot; so war auch die Nutzung des Treppenhauses durch Bunsens Schüler nur eine Notlösung. Und Bunsen selbst richtete sich unter freiem Himmel ein Labor auf dem Altan des Treppenhauses ein. Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 wurde die Anstalt zur Gewerbeschule herabgestuft; 1873 bezog sie noch einen Neubau in der Kölnischen Straße 22 und wurde 1880 um einen Handelszweig erweitert, 1888 aber endgültig geschlossen. Das Haus am Martinsplatz gelangte 1883 in Privatbesitz, das Erdgeschoss wurde nun für Ladennutzungen umgebaut. Beim Großangriff 1943 brannte das Gebäude aus, die Außenmauern wurden in der Folgezeit weitgehend abgebrochen. Erhalten blieben die Kellergewölbe, das Erdgeschoss mit Portal und Tordurchfahrt sowie das barocke Treppenhaus bis zum 1. Obergeschoss.